Interview mit Fürst von Wrede, dem Ur-Ur-Ur-Urenkel von Feldmarschall Wrede (1767 - 1883)
Thomas Schuler:
Was verbinden Sie ganz persönlich mit dem Feldmarschall?
Fürst von Wrede:
Als kleiner Junge hatte ich einen Traum. Ich begegnete dem Feldmarschall auf dem Dachboden von Schloss Ellingen. Ich weiß zwar nicht mehr, was er zu mir sagte, aber der Traum ist mir sehr nachdrücklich in Erinnerung geblieben.
Thomas Schuler:
Welche Bedeutung hatte und hat der Feldmarschall in Ihrer Familientradition?
Fürst von Wrede:
Der Feldmarschall war und ist die herausragendste Person unserer Familie und auch gleichzeitig ihr Begründer. Daher ist er auch traditionell der Mittelpunkt unserer Familiengeschichte.
Thomas Schuler:
War die beinahe tödliche Verwundung des Feldmarschalls bei Hanau in Ihrer Familientradition je ein Thema?
Fürst von Wrede:
Nicht wirklich. Bewundert wird nur immer wieder, wie schnell er trotz der Schwere der Verwundung wieder im Sattel saß.
Thomas Schuler:
Haben Sie jemals etwas über den Verbleib der von den Amerikanern nach dem II. Weltkrieg aus Schloss Ellingen mitgenommenen Orden des Feldmarschalls und der historischen Gewehrkugel erfahren?
Fürst von Wrede:
Ein Bekannter, der in New York bei einer Bank beschäftigt war, suchte auf meine Bitte in Antiquariaten nach den Orden und fand tatsächlich drei, die mit dem Namen des Feldmarschalls versehen waren. Leider waren die Preise jedes einzelnen Ordens so hoch, dass ich auf den Kauf verzichten musste.
Thomas Schuler:
Wie bewerten Sie die historische Rolle des Feldmarschalls?
Fürst von Wrede:
Für die Geschichte des jungen bayerischen Königreiches hatte er große Bedeutung, man denke nur an seine militärischen Erfolge, den Vertrag von Ried und seine Beteiligung am Wiener Kongress. Als Präsident der ersten Kammer hatte er großen Einfluss auf den Neuaufbau und die Bildung der ersten Verfassung Bayerns. Außerdem war er bis zu seinem Tod der engste Berater der beiden Könige Max Joseph I. und Ludwig I.
Thomas Schuler:
Können Sie ein paar Worte zu Feldmarschall Wrede als Privatmann sagen?
Fürst von Wrede:
Der Feldmarschall, eigentlich von Beruf Soldat, hat sich in Ellingen mit großem Eifer und Können vor allem um die Land- und Forstwirtschaft gekümmert. Außerdem gründete er zwei Gestüte für die Zucht von Remontenpferden, d.h. Pferden für die Kavallerie. Um den Armen in Ellingen ihre Lage zu verbessern und alten Leuten eine Arbeit zu verschaffen, errichtete er eine Suppenanstalt, verbunden mit einer Flachsspinnerei, wo die Mittellosen unentgeltlich eine Suppe erhielten. Es gab auch diese Seite.
Thomas Schuler:
Was denken Sie über das Zitat Lion Feuchtwangers, dass "der eine kein Bayer und der andere kein Feldherr" gewesen sein?
Fürst von Wrede:
Eine sehr kurzsichtige historische Betrachtungsweise. Der General und spätere Feldmarschall hat als Befehlshaber der Bayern mehrere Schlachten Napoleons überhaupt erst entschieden. Bei Hanau stand ihm eine doppelte Übermacht gegenüber, er musste die Schlacht jedoch annehmen, um zu beweisen, dass es Bayern mit seinem Seitenwechsel ernst war.